erschienen am 11.04.2024 15. Bayerischen Krankenhaustrend veröffentlicht

Strukturwandel muss jetzt gestaltet werden. Finanzielle Ausstattung der Kliniken entscheidet aber darüber, ob ein Kahlschlag der Versorgung droht

Unter dem Titel „Klarheit schaffen. Schaden begrenzen. Strukturwandel gestalten. Menschen mitnehmen.“ stellte die BKG heute im Münchner Presseclub den diesjährigen Bayerischen Krankenhaustrend vor.

Aus Sicht der BKG wäre es dringend nötig, dass sich Bund und Länder auf eine gemeinsame Gesetzesgrundlage für die Krankenhausreform einigen, damit die Krankenhäuser Planungssicherheit haben. Die BKG bedauerte, dass der Bund jetzt zunächst nur einen Rahmen der Reform im Alleingang durchsetzen will. Erst 2025 sollen Struktur- und Personalvorgaben für Leistungsgruppen gemeinsam mit den Ländern mittels einer Rechtsverordnung geregelt werden.

„Damit verlieren wir wertvolle Zeit und Klarheit, wohin die Reise genau gehen soll. Zeit, die wir aber nicht mehr haben.“, mahnte Landrätin Tamara Bischof, 1. Vorsitzende der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), zu Beginn der Pressekonferenz und ergänzte: „Aktuell stehen die immensen Defizite und großen Sorgen unserer Krankenhäuser in Bayern mit über 210.000 Beschäftigten im Fokus.“

Die Auswertung des aktuellen Bayerischen Krankenhaustrends hat ergeben: Im Jahr 2022 waren 6 von 10 Krankenhäuser in Bayern defizitär und die Jahresabschlüsse für 2023 lassen 7 von 10 Kliniken mit roten Zahlen erscheinen.

Für das laufende Jahr 2024 erwarten die Krankenhausverantwortlichen, dass 8 von 10 Kliniken in der Verlustzone landen werden und eine neue bundesweite Rekordzahl von Klinikinsolvenzen. „Es ist ein Skandal, dass Insolvenzen bei der Umsetzung der derzeitigen Krankenhausreform offenbar ganz bewusst eingeplant sind.“, hieß es nach Einschätzung der BKG-Vorsitzenden.

Der Anteil der Kliniken mit Betriebskostendefiziten wurde in der Prognose der letztjährigen Umfrage sogar noch höher erwartet. „Die Nachbesserungen beim Hilfsfonds des Bundes und die zusätzliche Unterstützung des Freistaates hat das Schlimmste kurzfristig verhindert, doch jetzt stehen wir wieder leer da, weil diese Hilfen auslaufen und eine Gesetzesreform mit einer fairen Anpassung der Erlöse weiter auf sich warten lässt“, betonte Landrätin Bischof und ergänzte: „Während frei-gemeinnützige und privat getragene Kliniken ihre Reserven derzeit komplett aufbrauchen, erleben wir auch in der Kommunalpolitik, dass die Grenzen möglicher Defizitausgleiche überschritten werden.“

Wie dramatisch die Situation ist, macht aus Sicht der BKG ein Vergleich deutlich: „Wie bei einem Deich durch ständiges Hochwasser irgendwann ein Bruch droht, ist jetzt ohne Lösung der finanziellen Notlage in der stationären Versorgung ein struktureller Kollaps unmittelbar zu befürchten“, erläuterte dazu Bischof.

In Bayern nehmen die Krankenhausträger daher den Strukturwandel zunehmend selbst in die Hand. „Der jetzige Veränderungsprozess ist bereits viel dynamischer als in den letzten Jahrzehnten. Regionalkonzepte werden entwickelt, Fusionen angestrebt, digitale Vernetzungen ausbaut und bisherige Krankenhausstrukturen verstärkt ambulant umgewandelt sowie teilweise Leistungsangebote konzentriert“, erläuterte der 2. BKG-Vorsitzende und Oberbürgermeister der Stadt Marktredwitz, Oliver Weigel. Bezogen auf das Beispiel in seiner eigenen Region ergänzte Weigel: „Im Landkreis Fichtelgebirge arbeiten wir an unserem Projekt Freiraum, um die ambulante wie stationäre Versorgung der Menschen neu zu gestalten. Dabei haben wir die Menschen vor Ort in unsere Entscheidungen frühzeitig mit eingebunden, was unbedingt erforderlich ist.“

Aus Sicht der BKG ist die Voraussetzung für einen guten Strukturwandel weiterhin eine faire Finanzierungsgrundlage. Dazu forderte BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen: „Die Inflationslücke von 4 % je Behandlungsfall ist jetzt zu lösen, wie es der Bundesrat gefordert hat, um den Strukturwandel aus Sicht der Patientinnen und Patienten gut gestalten zu können.“ und ergänzte eine zweite konkrete Forderung aus den Umfrageergebnissen: „Wenn wir nicht umgehend unsere Mitarbeitenden von Bürokratie befreien, wird das künftige Fachkräfteproblem nicht lösbar sein.“ Leider sieht der Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes nach Einschätzung der BKG sogar deutlich höhere Bürokratieaufwände vor und die praktischen Wirkungen der komplexen Regelungen bleiben unklar. Die Auswirkungen des Reform-Entwurfes müssen aus Sicht der BKG grundlegend überprüft werden. „Wir fordern eine radikale Vereinfachung.“, forderte Engehausen abschließend.

Hintergrund:
Bei der Pressekonferenz im Münchner Presseclub präsentierten die BKG-Vorsitzende Landrätin Tamara Bischof, der stellvertretende BKG-Vorsitzende Oberbürgermeister Oliver Weigel sowie BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen zusammen die Ergebnisse aus der jährlichen Umfrage zum Bayerischen Krankenhaustrend. Darin wurden neben der wirtschaftlichen Lage der bayerischen Krankenhäuser zudem eine Einschätzung der Klinikverantwortlichen zur Gesamtlage in den folgenden 2 bis 3 Jahren abgefragt.
Bei der diesjährigen Schwerpunktabfrage ging es zudem um aktuelle Themen rund um die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums zur Krankenhausreform (KHVVG sowie Krankenhaustransparenzgesetz).
Welche Folgen die derzeitige große Unsicherheit für die stationäre Versorgung hat und welche regionalen Handlungsoptionen jetzt im Fokus stehen, geht aus der Umfrage zum 15. Bayerischen Krankenhaustrend (BKT) der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) hervor. Befragt wurden die Krankenhausverantwortlichen aller bayerischen Krankenhäuser.

Die Statements zur Pressekonferenz sowie gezeigten Ergebnisse des 15. Bayerischen Krankenhaustrends finden Sie hier zum Download.

Der Live-Stream der Pressekonferenz ist auch weiterhin auf dem YouTube-Kanal des Presseclubs zur Verfügung.

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