erschienen am 06.12.2024 Bayerns Kliniken fordern Zuckersteuer statt Versorgungsbürokratie

Die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) sieht durch die komplexe Krankenhausreform keinen Vorteil für Patientinnen und Patienten, sondern mehr Bürokratie und eine Bedrohung für die flächendeckende Versorgung.

Um die Reform überhaupt umsetzbar zu machen, sind handwerkliche Nachbesserungen dringend erforderlich. Dagegen ist ein Umdenken in der künftigen Gesundheitspolitik nötig: Mit einer beispielsweise gezielten Zuckersteuer könnten 160.000 Lebensjahre in den nächsten 20 Jahren gerettet werden.

Selten wurde ein gesundheitspolitisches Thema so widersprüchlich diskutiert wie die Krankenhausreform. Es gibt zwar Zustimmung zur Notwendigkeit einer Krankenhausreform und zu den Überschriften des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG). Aber die Umsetzung im Gesetzestext wurde nach breiter Meinung der Praktiker:innen viel zu komplex und handwerklich fehlerhaft gemacht.

Klar ist nur, dass durch dieses neue Gesetz die Bürokratie und die damit verbunden Kosten weiter steigen werden. Die Auswirkungen auf die Qualität und Erreichbarkeit der Versorgung sind dagegen völlig offen.

Nach der Verabschiedung der Krankenhausreform durch den Bundestag Mitte Oktober wurde eine Mehrheit in der Bundesratssitzung am 22. November zur Anrufung eines Vermittlungsausschusses nach hitziger politischer Debatte knapp verfehlt. Das Ergebnis: Nachbesserungen können jetzt erst unter einer neuen Bundesregierung in Angriff genommen werden. Für die Kliniken bedeutet dies anhaltende Unsicherheit und eine immense Belastungsprobe in den kommenden Monaten.

Tamara Bischof, Landrätin und 1. BKG-Vorsitzende, machte in Ihrer Rede auf der BKG-Mitgliederversammlung deutlich, wie weit die Reform von den Zielen des Koalitionsvertrags 2021 entfernt ist:

„Die Rede war von einem gemeinsamen Bund-Länder-Pakt für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. Geplant war eine erlösunabhängige Finanzierung von Vorhaltekosten, die auch zum Beispiel in der Nacht entstehen, wenn ein Krankenhaus nicht vollständig ausgelastet ist. Doch von diesen Zielen ist wenig übriggeblieben. Verbesserungen für Patientinnen und Patienten sind – anders als der Name vermuten lässt – mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz nicht in Sicht. Die Krankenhausreform wird auch nicht die finanzielle Misere der Kliniken lindern“.

Sie fordert: „Eine neue Bundesregierung muss im Schulterschluss mit den Ländern schnell handwerklich nachbessern, damit die Reform für die Kliniken umsetzbar wird“.

Im Mittelpunkt der Krankenhauspolitik muss aus Sicht der BKG-Vorsitzenden wieder die Wertschätzung der Kliniken und ihrer Mitarbeitenden liegen.

„Der amtierende Bundesgesundheitsminister hat in den drei Jahren seiner Amtszeit die Kliniken nahezu wöchentlich schlecht geredet. Ich persönlich hätte es nie für möglich gehalten, dass ein Bundesgesundheitsminister so wenig Wertschätzung für Krankenhäuser und unsere Beschäftigten übrig hat. Das hat uns und mich persönlich bitter enttäuscht“, betonte Bischof und führt weiter aus: „Aus Sicht der Patientinnen und Patienten werden Krankenhäuser vor Ort nicht als überflüssig wahrgenommen. Im Gegenteil. Die Kliniken sind täglich 24/7 gefordert und werden gebraucht.“

Roland Engehausen, Geschäftsführer der BKG, betonte am Rande der Mitgliederversammlung:

„Das KHVVG setzt auf höhere Strukturvorgaben in der Annahme, dass dadurch die Versorgungsqualität steigt. Wahrscheinlicher ist aber das Gegenteil: Es entstehen höhere Kosten, die nicht gedeckt sind, während gleichzeitig die Wartezeiten für die Patientinnen und Patienten steigen“.

Engehausen weiter: „Natürlich muss der Sozialstaat finanzierbar sein und wir können in Deutschland besser werden, um die Lebenserwartung im OECD-Vergleich zu steigern. Deshalb brauchen wir ein grundsätzliches Umdenken für eine zukunftsorientierte Versorgung, die endlich auch eine effektive Patientensteuerung in den Blick nimmt und die Prävention in den Mittelpunkt stellt.

Die Einführung einer gezielten Zuckersteuer wie beispielsweise in Großbritannien und anderen europäischen Ländern könnte wirksam dazu beitragen, ernährungsbedingte Krankheiten deutlich zu reduzieren. Es ließen sich in den nächsten 20 Jahren nach Expertenmeinung 160.000 Lebensjahre gewinnen und 16 Milliarden Euro gesellschaftliche Kosten einsparen. Dies wäre ein echter und einfach umsetzbarer Beitrag zur besseren Gesundheit für die Bürgerinnen und Bürger. Leider hat der amtierende Bundesgesundheitsminister solche Themen liegen gelassen und dafür die Versorgungsbürokratie mit noch mehr Dokumentation und unerfüllbaren Vorgaben weiter erhöht, die für die Menschen aber keine praktischen Vorteile bringt. Dieser gesundheitspolitische Irrweg muss grundlegend korrigiert werden.“

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