erschienen am 13.02.2023 Lauterbachs Vorschläge für ein Neuordnung der Krankenhausstrukturen in der Praxis nicht umsetzbar

Bayerische Krankenhausgesellschaft beklagt fehlenden Realismus in den Überlegungen zur Krankenhausform des Bundesgesundheitsministers

„Man kann es drehen und wenden, wie man möchte, aber die von der Regierungskommission vorgelegten Ideen für eine revolutionäre Krankenhausreform sind schlicht und ergreifend für die praktische Umsetzung nicht geeignet“ so Landrätin Tamara Bischof, 1. Vorsitzende der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG).

„Sowohl die heute von der Deutschen Krankenhausgesellschaft vorgestellte Analyse als auch schon die in der letzten Woche vom Bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek präsentierten Auswirkungen zeigen die massiven und völlig unrealistischen Konsequenzen für eine stationäre Gesundheitsversorgung der Menschen in Bayern.“

Nach der Folgenabschätzung der bayerischen Staatsregierung wären die Veränderungen bereits dramatisch. Jetzt zeigen die detaillierten Auswirkungsanalysen im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) von den Instituten Vebeto und hcb – an der auch Mitglieder der Regierungskommission selber mitgewirkt haben – noch deutlichere Auswirkungen für Bayern mit einer Vielzahl von Schließungen von Krankenhausabteilungen und ganzen Standorten. Für die notwendige, ausreichende und flächendeckende Versorgung der Menschen im Freistaat wäre dies nach Einschätzung der BKG eine absolute Katastrophe.

Sollte die Krankenhausreform, wie von der Regierungskommission vorgeschlagen, umgesetzt werden, würde nach den heute vorgestellten Analysen im Auftrag der DKG etwa jedes dritte bayerische Krankenhaus auf das sog. „Level Ii“ herabgestuft werden. Bei strikter Anwendung des sogenannten „30 Minuten Erreichbarkeitskriteriums“ der Regierungskommission könnte dies sogar nahezu jedes zweite Krankenhaus in Bayern treffen.

Diese Häuser könnten keine reguläre stationäre Versorgung mehr anbieten. Auch die stationäre Versorgung in den sogenannten „Level 1n“-Häusern müsste auf eine Basisversorgung sowie stationäre Notfallversorgung begrenzt werden, was in Bayern einen erheblichen Rückbau von Versorgungsstrukturen bedeuten würde.

Lediglich 42 Krankenhäuser in Bayern dürften noch eine umfängliche stationäre Versorgung über mehrere Leistungsgruppen in den Leveln II und III (einschließlich der Uniklinika) anbieten, was völlig unzulänglich für eine stationäre Versorgung wäre und ebenfalls negative Auswirkungen auf die ambulante Versorgung sowie den Rettungsdienst hätte. Die Zukunft der für Bayern besonders wichtigen Fachkliniken wäre ebenso ungewiss.

Die Regierungskommission hat offenbar einen Vorschlag unterbreitet, der in einer Folgenabschätzung weder die Auswirkungen auf die Versorgungslandschaft bewertet hat noch finanziell durchgerechnet wurde“, beklagt der Geschäftsführer der BKG, Roland Engehausen. „Heute ist nur ein Punkt klar: So kann die Reform sicher nicht kommen.“

Die Regierungskommission hatte mit ihrem Anfang Dezember vorgestellten Konzept einer umfassenden Krankenhausreform zwar wissenschaftlich sinnvolle theoretische Instrumente benannt (z. B. eine gestufte Versorgung, Leistungsgruppen als Planungsgrundlage, Vorhaltefinanzierung, ambulant-stationär integrierte Versorgung, Kooperation und Telemedizin), die auch u. a. vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen mehrfach vorgeschlagen waren. Im handwerklichen Zusammenbau dieser Instrumente für eine Krankenhausversorgung der Zukunft verfehlen die Ergebnisse der Regierungskommission aber durch zu viel Komplexität ihr Ziel und vermissen Tauglichkeit für die Umsetzung in der Realität.

Nun sind offenbar andere Kompetenzen nötig, um aus anerkannten Instrumenten eine verantwortungsvolle Krankenhausreform zu machen, die die Versorgung für die Patient:innen wohnortnah und qualitativ sichert sowie zukunftsfest macht. Die Bund-Länder-Gruppe steht nun in dieser Verantwortung und muss jetzt erfahrene Praktiker aus den Kliniken und den Kommunen dabei mit einbeziehen.“ fordert die Kitzinger Landrätin Bischof.

Eine wirksame Reform wird nicht nur nach Auffassung der BKG erhebliche Investitionen erfordern. Mehrere Mitglieder der Regierungskommission sprechen zwischenzeitlich selbst unumwunden von etwa 100 Mrd. Euro und widersprechen damit auch dem Bundesgesundheitsminister, der bisher von einem kostenlosen Systemwechsel ausging.

„Von der Bundesregierung sind nun eine ganze Reihe von Fragen zu beantworten“, ergänzt Engehausen. „Wie sieht ein realistischer Zeitplan aus? Wie wird zukünftig sichergestellt, dass theoretische Stellungnahmen der Regierungskommission vor einer Veröffentlichung auf praktische Machbarkeit und Finanzierbarkeit überprüft werden? Wie wird sichergestellt, dass künftig die Versorgungssicherheit und -qualität im Fokus der Reformen stehen und kein Krankenhausschließungsprogramm? Und wie wird kurzfristig der dringend nötige Inflationsausgleich für die Krankenhausversorgung sichergestellt, um einen kalten Strukturwandel zu vermeiden? Auf diese Fragen erwarten wir uns und alle Verantwortlichen in Bayerns Krankenhäusern ehrliche Antworten.“

Die Bayerische Krankenhausgesellschaft verschließt sich einer Krankenhausreform ganz und gar nicht und sieht einen Entwicklungsbedarf, etwa durch die Einführung einer Vorhaltefinanzierung und einer darauf abgestimmten Krankenhausplanung.

Dabei muss aus Sicht der BKG die Planungshoheit weiterhin eindeutig im Freistaat und darf nicht in Berlin liegen. Die BKG wird sich in die Diskussion um eine menschenorientierte Reform der stationären Versorgung weiter aktiv und konstruktiv einbringen und sich für eine zukunftsorientierte Ausrichtung in Bayern einsetzen.

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